Letters home 1967 -1978

Sunday, September 20, 2009

Sommerpause Sendepause

Hotel BALI BEACH 8. 8. 1969


Liebste Mutter,

Habe Deinen Brief bekommen und kann selbst nicht recht begreifen, warum ich Dir durch meine lange Schreibpause soviel Sorge bereite. Ich komm mir vor, wie in einem Glaskasten, bin einfach nicht in der Lage, mich hinzusetzen, zu schreiben. Schon zweimal hab’ ich angefangen, einen langen Brief an Dich zu schreiben, aber es will und will nicht hinhauen. Ich bin weiterhin beschäftigt mit dem Buch, das mir viel Sorgen bereitet. Hab’ bitte Geduld und Verständnis, aber ich bin halt nicht so gerne bereit, meist von Missmut und Ungeduld, von endlosen kleinen Widrigkeiten und von schlechter Laune zu schreiben. Sei getrost sicher, dass sich dieses Heftpflaster vor meinem Mund alsbald mal wieder lösen wird, und dann fliesst es wieder seitenweise aus meiner Feder. Ich versprech Dir einen längeren Geburtstagsbrief!

Bitte, bitte sei mir nicht bös und so Gedanken wie „nicht an Dich denken“ machen mich glatt rabiat.


Kuss Dein Sohn


Hotel BALI BEACH 12. 9. 1969


Liebe Mutter,

was ist bloss los, dass ich nicht mehr recht schreiben kann. Schon wieder ewige Zeiten vergangen, seit ich Dich gesprochen habe. Sicher bist Du elendig sauer auf Deinen Elendssohn, dass Du nicht mehr schreibst. Ich fühl da grosses Schimpfen kommen im nächsten Brief. Oder Du bist auf Urlaub und fühlst Dich sehr wohl in dem Gebirge dort.

Hier immer noch dieselbe Scheisse. Buch noch nicht fertig, aber zu drei Vierteln, und was für welche. Jetzt muss ich noch etwa zwei Monate durchhalten und dann ist der Grundstein zu meinen Millionen gelegt. Ach was, sicher kann ich Dich damit auch nicht recht aufmuntern, und Du wartest auf meine Nachricht, dass ich endlich mal wieder nach Hause komme. Aber was soll ich jetzt sagen, so viel liegt an dem Buch, an dem „wie-es-ankommt“ und „was-es-bringt“. Daher werde Balinese und hab’ die grosse Geduld. Ich bin trotz dem ewigen Aufschub doch recht optimistisch, dass das Buch ein grosser Erfolg wird. Alle, die die ersten Teile gesehen haben, jubeln so ein wenig durch die Gegend. Aber man kann ja nie wissen! ---- Also abwarten. Ich träume halt weiter vom grossen Business und so weiter. Bin also weiterhin voll und ganz eingespannt im Layout und im Production-Management. Zwei angefangene lange Briefe liegen hier herum und werden wohl nie beendet. Verzeih'’ aber ich hab den Kopf so voll mit Jedöns, dass ich Dich erst lieber garnicht damit belaste. Ich verspreche Dir natürlich nochmal, dass sich das alles ändert, sobald ich fertig bin. Übrigens, stell Dir das vor, ich kriege, sowas, also wirklich ich, habe gefunden, morgens vor dem Spiegel, graue Haare an den Schläfen. Ich ziere mich damit jetzt ganz schön herum, wenn’s auch erst 3 (drei) sind. Immerhin.

Leider habe ich schon lange keine Nachricht von Dir. Vielleicht ist mal wieder was verloren gegangen. Sicher bist Du mit Helga und Heri im Urlaub. Was sonst so in der Familie los ist, wenig Ahnung. Alles dreht sich bei mir ausschliesslich um das Buch. Mein einziges Hobby ist fotografieren geworden. So suche ich die Insel weiterhin mit meiner Super-Kameraausrüstung nach Motiven ab. Diesmal in schwarz-weiss, das ist billiger. Anfang Oktober, so hoffe ich, werde ich mit Teilen des Buches schon mal nach Singapore oder sogar nach Hongkong fliegen. So hab’ ich’s geplant, aber wer weiss, vielleicht dauert es auch noch was länger.

Mutter, meine Schreiblaune ist so verheerend! Harre aus, wenn’s Buch fertig ist, bin ich ein anderer Mensch. Sei geküsst und umarmt, kurz aber heftig,


Dein Bali-Sohn
Hans Höfer