Letters home 1967 -1978

Saturday, May 7, 2011

Sommer 1971 - Malaysia events

Hans Höfer Freitag
Malaysia 18. Sept. 1971


Liebe Mutter, liebe Schwester und Drumherumsitzende !

es wird mir ganz bange bei dem Gedanken, dass mein letzter ausführlicher Brief schon so unendlich lange her ist. Gestern Abend kam ich hier in Kuala Lumpur an, nur um kurze Besprechungen hier zu führen und fliege heute Abend gleich wieder zurück nach Singapore, zusammen mit Steve (Harold Stephens, unser neuer Freund und Mitschreiberling, von dem Dir sicher Harald berichtete). Morgen früh wollen wir dann gleich wieder auf die nächste Tour durch Malaysia starten.

Verzeih mir meine verhutzelte Schrift, aber ich bin etwas müd von all den Verhandlungen und von den recht ereignisreichen Tagen unseres Beisammenseins. Ich lieg, wie man’s hier so hält, wieder mal unter einem Ventilator und schreibe im liegen.

Also ein kurzer Bericht, wie’s hier so lang geht mit uns:

Meine verunzierten Beziehungen zu deutschem denken, sprechen und gehabe waren durch Robert Hamm's unerwarteten Besuch schon reichlich aufgefrischt, so dass ich Harald recht akzentfrei in meine Arme schliessen konnte.

Wie gespannt ich war auf diese geliebte Pflaume, kannst Du Dir ja vorstellen: warten auf die Ankunft seines Fluges, jedes Gesicht der ankommenden Fluggäste wird kritisch untersucht, es wird einem plötzlich bewusst, dass ja doch schon ne ganze Menge Wasser den Neckar runtergelaufen ist, seit ich von Krefeld aus den Reisegang eingelegt habe.

Doch da kommt er durch’s Eingangstor gewackelt, etwas längere Haare, das Bärtchen und einige Zentimeter erweiterte Hüftlinie, jedoch unverschämt unverändert ansonsten. Was ein Wiedersehen! Innerhalb ner halben Stunde, nach den ersten forschenden Seitenblicken beiderseits, haben wir also unumwunden ein paar eigene Jahre überbrückt und uns gleich versichert, dass wir ja immer noch die gleichen Blödlinge sind wie gestern, vorgestern und morgen.

Ich hatte etwas die Befürchtungen, dass es ihm vielleicht nicht so recht gefällt, sich in mein Gewurschtel aus Arbeit, Hobby, Neigung und Abneigung, Beziehungen und Unbezüglichem, drunter und drüber einzufinden. Die Termine beider Bücher wuchsen mir ja langsam aus den Ohren und über den Kopf. Aber unbegründet. Alles läuft wie ausgemalt.

Wir haben seither die ersten Tage zusammen in Singapur verbracht, haben chinesisch, indisch, malayisch und europäisch gegessen, sind durch Chinatown und Hotelhallen, durch Bars und chinesisch Theater, durch Rituale und Schallplattengeschäfte gestreift und uns gegenseitig veräppelt mit ernsthaft mathematischen und sesshaft photografischem.

Natürlich, natürlich ist er ja so viel vernünftiger als ich und daher sicherlich auch etwas dicker.

Dann sind wir also etwas gehupft und zwar ins Flugzeuch und nach Kuala Lumpur jeflogen, wo er sich recht gut mit Steve und meinen hiesigen Verbündeten verstand. Die erste Reise, noch zusammen mit Robert, der schon vorab nach Malaysien getrampt war, ging dann gleich nach dem Norden, zu Moscheen und Sultanspalästen, durch Gummiplantagen und Ölpalmen, nach der nördlichen Insel Penang, wo wir Robert absetzten und nach kurzem Aufenthalt in herkömmlichen Chinesen-Hotels, wieder weiterfuhren durch’s Jelände.

Natürlich nützt Harald kolossal nebenher als zuverlässiger Autofahrer, wenn auch manches hier verkehrt ist, zum Beispiel die Seite, auf der man Strassen befährt.

Nebenbei ist er schon etwas asiatischer geworden: Er geht öfters die Palmen hoch, da ich manchmal nicht richtig schalte; Leidergottes betrachte ich wie er sagt, unter dem ständigen Einfluss der Tropensonne Autos als eine Fortentwicklung von Schuhen. Er ist halt ein Witzbold, gell!

Gelacht haben wir also überall schon, unter Wasserfällen, auf Dschungelstrassen, unter Monsunregen und in allen möglichen Arten von Felsengrotten mit Tempeln und Fledermäusen drin.

Nach der Reise bin ich dann für zwei Tage zurück nach Singapur, wo ich wieder was arbeiten tat, und bin dann letzten Donnerstag Abend wieder hier raufgeflogen, um gleich in den Wagen zu hupfen. Diesmal ging’s bis Dienstag quer durch Malaya durch, bis zur Ostküste, haben herrliche Flecken entdeckt, und gleich einen neuen Plan gefasst, nämlich einen Fluss zu befahren, um einige einheimische Hilltribes, sogenannte Orang Aslis, zu deutsch, etwas primitive Leute zu sehen und zu fotografieren.

Bis zur thailändischen Grenze sind wir rauf und dann zurück an der Ostküste bis nach Singapur, wo jetzt der Harald ist, denn ich bin gleich am darauffolgenden Tag wieder zurück nach Kuala Lumpur geflogen und, so geht's halt, heute Abend wieder zurück nach Singapur, wo ich den Harald wiedertreffe, um morgen wieder weiter mit ihm die Westküste auszukundschaften um neue Fotos für’s Buch und für den Harald „Eindrücke“ zu sammeln.

Ich hoffe, dass die vielen Eindrücke nicht zu „Reindrücken“ werden, denn es ist ja scho aweng heiss für den Bubele. So leben wir, so leben wir alle Tage, soläbenwir, soläbenwirtätärätätä!!!

Was also nächstens: Wir planen viel, mal schaun, wie’s so klappt. Eigentlich wollten wir so schnell wie möglich nach Borneo zu den Kopfjägern, aber da der Harald so’n schönen Kopf hat und ausserdem die Flugpreise was teuer sind, müssen wir uns das noch mal durch den Kopf jagen lassen.

Da ist ja noch der riesige Nationalpark mit all den Elefanten drin und auch die schönen Wälder der Cameron Highlands und noch so viele schöne Sachen, um mir Fotos und dem Harald Gesprächsstoff zum erzählen zu geben.

Natürlich sind wir alle gesund und munter und glücklich. Die Bücher gehen langsam, aber gut voran, das Farblabor macht das erste Geld, mein Geld geht langsam zu Ende, aber was solls.

Harald wird der Repräsentant meiner Firma in Deutschland und sich alles zurückverdienen, ja sogar so erfolgreich sein, dass wir eine Asia-Europa-Import-Export-Firma gründen werden und die dann HHOEFER UND FAMILIE GMBH OHG (Ltd.) genannt wird und bald nen Mercedes 600 von den Steuern absetzt und weiterhin alles Gute und ich schreib oder der Harald schreibt bald, wieder.
Viel Liebe von Deinem Asienschlitzaugen Sohn und Stöckchenesser
Hans und unbekannter Weise
auch vom Harald an alle, die sich
um uns sorgen.










Heute am 12. des Herrn. (evtl. Oktober 1971) Kuala Lumpur

Geliebte im Herrn Brandt,


also da bin ich wieder, zurück aus der Steinzeit! Allmächtiger, was für ein toller Trip.

Also hab ich so im Dschungel gesessen, umgeben von all dem unten zu beschreibenden. Natürlich sind diese Kugelschreiberlinien erstlienig dazu da, der Mutter die Sorgen zu nehmen:

Kein Tiger hat an mir Gefallen gefunden, kein Elefant Geschmack. Die Bären haben mich links liegengelassen, Panther und Pumas, Krokodile und Menschenfresser waren da wenige, und was die Moskitos, Dornen und Blutegel von mir übergelassen haben, sitzt hier munter wie immer, um Erfahrungen und Tagen gereift, hier am häuslichen Herd und schreibt einen Beruhigungsbrief nach Hause.

Der Steve und ich sind also los, und haben uns mit dem Malaysischen Game-Warden (auf Deutsch Schiedsrichter!) und mit einer ganzen Horde von dunklen Eingeborenen in die dichteren Büsche gehauen.

Zuerst mit Booten und auf’m Fluss dem tiefen, braunen, unberechenbaren, und dann das Ränzlein geschnürt und auf die Eingeborenen geladen und dann „wenn wir erklimmen - lügende Hügel - steigen dem Gipfel ins Kreuz ♪♪♪♪“ trallala ...

Die Dornen konnten mich nicht umhin, und so wurd ich ein wenig geschunden, doch nachher erst! Es war toll !

Camps auf Flussarmen und Kniekehlen, Reis und Fisch haben uns über Wasser gehalten, und wenn sie uns fallen liessen, dann wieder auf Dschungelpfaden.

Ich bin halt ganz päp hinter den Eingeborenen einhersogelaufen, immer Dschungel, immer Dschungel, im Kreise, wie’s einem so schien und der hitzigen Sonne auch. Es war toll !!

Ganz sachte so das Bein zu setzen, ganz sachte, man kann ja nie wissen, wann’s das letzte ist, und da haben wir Tigerabdrücke und Bärenabdrücke und Elefantenabdrücke und alles mögliche zurückgelassen, bis wir dann nach etlichen Wochen wieder das Licht des Tages nicht gescheut haben und uns aus abgehackten Bambusstäben (etwa zehn Meter lang, zehn Zentimetern rund und dreissig Pfund, etwa dreissig Mark pro Stück in Deutschland Klammer zu - Flösse gebaut haben, die wir dann auch benutzen durften, den grossen Fluss runter. Es war einfach toll !!!

Also die Eingeborenen waren auch ganz toll, die uns da so rumgefahren haben. Also alles in allem es war ganz einfach toll !! Lebendiger Herbst. Goldgelbes Licht. Wie Sonne, die durch die Bäume leuchtet, ausgreift, geschmackstreu und bekömmlich, wie herbwürzige Begegnungen, die man da so trifft !

Natürlich habe ich andauernd mir die Haare gerauft, dass Du, lieber Bruder nicht dabei sein konntest, da hättest du bestimmt wieder ganz neue Eindrücke für’s Leben sammeln können.

Also wie bist Du denn angekommen, was waren denn so Deine Eindrücke von der Reise und was hast Du verschwiegen? Sicherlich hat der deutsche Zoll Dich gewaltig ins Bein gebissen – so was an versuchter Schmuggelei ist denen noch nicht in die Grenzumzäunung gelaufen.

Habe Deinen Brief aus Bangkok gestern abend angetroffen, also bis dahin ging’s gut.

Sicherlich ist es jetzt kalt bei Euch, da bei uns jetzt so langsam aber sicher der Sommer kommt mit all den schweisssteigernden Tendenzen. Sicherlich vermisst man das so als zurückkommender Mathematiker und neuer Repräsentant von dem Apa Productionchen, Singapore.

Du hättest es der Mutti erzählen können, wie der Dschungelregen Deine Haut aktiv regeneriert hatte, wie er belebt und herb-männlich duftet ... duftet nach Dschungel, erfrischend, entspannend, desinfizierend, die Haut geschmeidig erhaltend...

Nachdem ich diesen Brief beendet habe, fängt der Ernst des Lebens richtig an. Schreibt mir auch mal, nicht ? Am besten einen nach Kuala Lumpur in unsere Villa dort. Ende des Monats gehe ich wohl nach Ost-Malaysien, zu den Kopfjägern. Da woll’n wir doch mal sehen, was ich mit meinem Blasrohr dort alles so antreffe. Also ich bin ja zum schiessen, wieder mal.

Viele liebe Grüsse an alle Ihr Lieben, die Faulheit übermannt mich jetzt, ich muss mich wieder auf Neues besinnen, es war so schön, Euch durch Harald hier zu haben, ich weiss, jetzt bin ich selbst bald dran, auf jeden Fall jedoch kommt Mutter irgendwann demnächst auf unser Segelschiff und versorgt uns im SOUTH-PACIFIC.

Viele Grüsse auch an Herrn Brandt.