Letters home 1967 -1978

Wednesday, November 11, 2009

Singapore Hotel - November '69


ORCHARD Hotel Singapore

11. 11. 1969



Liebe Mutter,


es ist zum pipsen, aber ich sitze immer noch in Singapore.


Die indonesische Botschaft verweigert mir weiterhin ein neues Visa, und ich muss mal wieder warten. Inzwischen habe ich jedoch die Nachricht aus Bali, dass inzwischen ein neues Visa beantragt wurde. Diesmal bekomme ich ein sogenanntes Working-Visa, das ist ‚ne Arbeitserlaubnis für ein ganzes Jahr, damit der Unsinn mit den indonesischen Behörden endlich aufhört. Natürlich dauert das alles seine Zeit, wie ‚ne asiatische Bürokratie aussieht, kannst Du Dir ja sowieso nicht ausmalen. Ich arbeite also von hier aus am Balibuch weiter, was wieder ein neues Kapitel im Buch über’s Buch geben wird.


Sonst strolche ich so umher, nicht gerade in bester Laune, gebe wieder all mein Geld aus und warte und mach ein paar Photos. Aus dem Intercontinental Hotel bin ich dann auch ausgezogen, war alles voll, und jetzt hocke ich in diesem hier, nur um weniges teurer, 40 Mark pro Nacht und television im Zimmer. Wieder feudal. Ein Heidengeld kostet das alles, aber was kümmert’s mich, zahlt alles die Inter-Continental Companie, wie schön.


In mieser Stimmung bin ich auch sonst. Ich weiss nicht so recht, was ich machen soll, wenn das Buch fertig ist. Alles hängt in der Luft, was mich langsam nervös macht. Es gibt soviele Chancen und Möglichkeiten. – Vielleicht bin ich auch etwas müde, ständig beweglich zu sein, das heisst, wenig um mich herum ist von längerer Dauer. Aber ich kenn’ mich ja gut genug, um auf die Chance des Augenblicks zu warten. Eins hab’ ich bestimmt immer, und das ist ein neuer Plan. Bis jetzt hab’ ich erst mal vor, nach dem Guidebuch sowas wie einen Urlaub zu machen. Ich geh’ für einen Monat in ein balinesisches Dorf, über das ich gerne einen Fotobericht machen möchte.


Ich weiss jetzt schon lang nichts mehr von Euch zu Hause, aber schreib weiterhin nach Bali, damit es was zu lesen gibt, wenn ich endlich zurück bin. Ich hatte so gehofft, das Buch bis Ende des Jahres in den Händen zu haben, aber wie’s jetzt aussieht, sehe ich schon wieder schwarz. Ein Unsinn das ganze.


Inzwischen ist schon wieder ein Tag um, den ich mit einem französischen Freund verbrachte, der zur Bali-Gesellschaft gehört und gerade auf der Durchreise nach Frankreich ist. Mit dem hab’ ich mich letzte Nacht im Singapore-Nachtleben gewälzt: schon wieder vorüber, ich will daher schnell den Brief beenden, damit Du weitere Nachricht von Deinem Söhnlein hast.


Sei lieb umarmt und geküsst von Deinem


Plänemachersohn