Letters home 1967 -1978

Friday, January 7, 2011

Singapore Settlement

Singapore im Januar 1971



Meine Lieben,


natürlich bin ich ganz wahnsinnig beschäftigt.


Das Haus, das ich gemietet habe, hat kaum Möbel, und da muss ich ne Menge neu entwerfen, zum Schreiner rennen, zum Anstreicher und zu hundert anderen Leuten. Ich hab nen Gärtner für den Garten, der etwa 100 m lang und 30 m breit ist. Das Haus hat ein riesiges Wohnzimmer und drei Schlafzimmer, eins für das grosse Gemeinschaftsbett, mit Badezimmer dran, eins wird gerade mein Studio und ein anderes Star’s Studierzimmer, wenn sie mal studiert. Da ist auch nochmal ein Badezimmer dazwischen. Eine Wildwest-Schwingtür führt zum Wohnzimmer hinaus in einen Raum, der von meiner Ama, das ist meine ständige Hausfrau, als Bügel- und Nähzimmer verwandt wird; dahinter ´ne grosse Küche, etwas grösser als Mütters. Dahinter dann ist das sogenannte Servants-Quarter, ´ne kleine Wohnung für die Dienerschaft, die ich aber inzwischen in eine Dunkelkammer und Farblabor verwandle, mit allen Schikanen. Dann ist da noch´ne Garage, die ich auch zum Arbeiten umwandle. Alles zu ebener Erde und janz schön mit Ventilatoren und so weiter.


Seit etwa 3 Wochen also bin ich hier und arbeite wie verrückt. Ich war mal wieder in Indonesien für zwei Tage und hab Geschäftchen gemacht und janz schön verdient. Am Freitag werde ich nach Malaysien fahren, nach Kuala Lumpur, um dort mal etwas herumzustöbern. Zu diesem Zweck hab ich, ach ja, mir einen wunderschönen alten Jaguar gekauft, so richtig englisch mit Holzverkleidung innen und 2,4 Liter Motor vorne, aber knall gelb. MK2, wenn’s den Harald interessiert, ich fühl mich vielleicht komisch, wenn ich so das Gartentor aufmache und in meinen Hof einfahre ...


Mein Telefon steht dort in der Ecke und ist für weitere Telefonanrufe nach Deutschland reserviert, was ich scheinbar weniger aufregend finde als Ihr. Da schwebt halt so ein Satellit dazwischen und bringt uns näher, wie schön. Ich sitze da um 12 Uhr nachts unter dem Ventilator in der Badehose, und Ihr habt gerade ´nen Nachmittagskaffee getrunken und sitzt, schön beheizt, um 6 da so in vielen Kleidern, wie schön.


Das Singapore Buch ist im Anfangsstadium und wird sicher ganz gut.


Alles da, im Eisschrank, und jetzt ist es 7 Uhr morgens und die Margarete, eine runzlige Chinesin, macht gerade das Frühstück, na bitte. Meine Balisachen stehen und hängen überall herum, noch ungeordnet. – Ganz gute Idee, wenn der Harald kommen tät, Singapore ist eine herrliche Stadt, besonders wenn ein Bruder dort herumwohnt.


Oh je, schon muss ich wieder weg, in die Welt hinaus der jungen, strebsamen Millionäre.


Seid mir net bös, ich lass bald wieder was von mir hören, gell, länger und mit Photos.


Kuss an Mutter, Schwester

und eingeheiratete


Hans


No comments: